Die Türkei kommt auf dem EU-Gipfel in Brüssel mit einem blauen Auge davon. Die Gefahr schwerer Wirtschaftssanktionen bleibt jedoch bestehen. Der Termin für das nächste wichtige Treffen steht bereits fest.
Brüssel – Die EU wird der Türkei neue Sanktionen auferlegen. Der Grund dafür ist die unbefugte Exploration türkischer Gase außerhalb Zyperns, wie aus einer Entscheidung der Staats- und Regierungschefs auf dem EU-Gipfel in Brüssel hervorgeht.
Die Sanktionen könnten sowohl Einzelpersonen als auch Unternehmen betreffen, die an als illegal geltenden Ermittlungsbohrungen beteiligt sind. Sie müssen endgültig vom Ministerrat beschlossen werden. Dazu gehören Zugangsverbote und das Einfrieren von Eigentum.
Derzeit werden keine Sanktionen gegen ganze Wirtschaftszweige oder ein Waffenembargo der EU verhängt. Angemessene Forderungen aufgrund der anhaltenden Konfrontationspolitik der Regierung in Ankara fanden nicht die notwendige einstimmige Unterstützung.
Nach der am Freitagabend getroffenen Entscheidung könnten auf dem nächsten ordentlichen EU-Gipfel am 25. und 26. März nächsten Jahres weitere drastische Schritte unternommen werden. Bis dahin müssen die EU-Kommission und der Auswärtige Dienst weitere Handlungsoptionen ausarbeiten. Sie werden voraussichtlich auch einen Bericht über die Lage im östlichen Mittelmeerraum und die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der EU und der Türkei vorlegen.
Die Türkei wurde besonders für ihre umstrittene Gasförderung in Seegebieten vor Zypern und in der Nähe der griechischen Inseln kritisiert. Provokationen im Konflikt um die Teilung Zyperns und Verstöße gegen das UN-Waffenembargo gegen Libyen gelten ebenfalls als inakzeptabel. Die Türkei weist die Vorwürfe zurück.
Infolge der Gasförderung außerhalb Zyperns hat die EU bereits im Februar zwei Führungskräfte des türkischen Energieunternehmens TPAO verboten und das Einfrieren von Vermögenswerten eingefroren. Bereits 2019 wurde beschlossen, die Zuweisung von EU-Mitteln zu beschränken und die Verhandlungen über ein Luftverkehrsabkommen auszusetzen. Keine dieser Maßnahmen hat bisher sichtbare Auswirkungen gehabt.
▶ ︎ Neben den neuen Sanktionen und dem Zeitplan für mögliche weitere Maßnahmen haben sich die Staats- und Regierungschefs auch auf ein erneutes Angebot des Dialogs mit der Regierung in Ankara geeinigt. Folglich bleibt das Angebot einer „positiven EU-Türkei-Agenda“ auf dem Tisch – Voraussetzung ist, dass die Türkei bereit ist, „Unterschiede im Dialog und im Einklang mit dem Völkerrecht“ zu lösen.
Nach der obersten Entschließung könnte eine solche positive Agenda Wirtschaft und Handel sowie die weitere Zusammenarbeit in Migrationsfragen umfassen. Dem Text zufolge wird die EU weiterhin bereit sein, syrische Flüchtlinge und Aufnahmegemeinschaften in der Türkei finanziell zu unterstützen.
Der Einigung über die neuen Sanktionen gingen wochenlange Debatten zwischen den EU-Ländern voraus. Länder wie Frankreich, Griechenland und Zypern setzen sich mit schmerzhaften EU-Sanktionen bis hin zur Aufhebung der Zollunion für einen möglichst harten Kurs ein. Deutschland ist unter anderem davon überzeugt, dass beispielsweise die Türkei als Partner im Kampf gegen die illegale Migration benötigt wird und nicht entfremdet werden sollte.
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sieht die Situation ähnlich wie die Bundesregierung. Kurz vor dem Gipfel warnte er die EU vor einem Bruch mit seinem Verbündeten Türkei. Es gibt Unterschiede zur Türkei, die angegangen werden müssen, sagte Stoltenberg. Gleichzeitig muss man jedoch erkennen, wie wichtig die Türkei als Teil der NATO und auch als Teil der „westlichen Familie“ ist. Das Land ist ein wichtiger Verbündeter im Kampf gegen die terroristische Miliz des Islamischen Staates (IS). Darüber hinaus sind in der Türkei die meisten Flüchtlinge aller NATO-Verbündeten beheimatet, sagte Stoltenberg.
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