Unsichtbarer Teilchennebel: Unser Sonnensystem ist von einem diffusen Nebel aus Wasserstoff umgeben – aber seine Dichte könnte diskutiert werden. Daten vom Raumschiff New Horizons der NASA liefern jetzt die Antwort. Das lokale interstellare Medium enthält daher 40 Prozent mehr neutralen Wasserstoff als erwartet. Dies kann einige Unterschiede zwischen Beobachtungen und theoretischen Modellen erklären.
Obwohl unser Sonnensystem Zehntausende von Stundenkilometern durch das interstellare Medium der Milchstraße pflügt, sehen wir fast nichts. Weil das Magnetfeld der Sonne uns wie eine Schutzblase umgibt, die alle Teilchen mit einer hohen Energieladung fernhält. Nur die beiden Voyager Raumschiff hat bisher den äußeren Rand davon Heliosphäre erreicht. Ihre Daten liefern erste Informationen darüber, wie das interstellare Medium in unserer Umgebung aussieht.
Vom neutralen Wasserstoff zum Optelion
Es gibt aber auch eine andere Möglichkeit, Informationen über die Zusammensetzung unserer interstellaren Nachbarschaft zu erhalten. Das solare Magnetfeld lenkt die geladenen Teilchen ab, lässt aber neutrale Wasserstoffatome durch – und bildet mehr als die Hälfte des interstellaren Mediums. Aus der Menge der in der Heliosphäre fliegenden Wasserstoffatome können Astrophysiker daher unsere seltsame „Außenwelt“ ableiten.
Es gibt jedoch einen Haken: Die von außen einströmenden Wasserstoffatome bleiben nicht lange neutral, sondern werden vom Sonnenwind und dem Sonnenlicht relativ schnell ionisiert. Trotzdem bleiben sie nachvollziehbar: „Sie haben ein Elektron verloren, aber wir wissen, dass sie als neutrale Atome zu uns gekommen sind“, erklärt Pawel Swaczyna von der Princeton University. „Wir können diese ‚Aufnahmeionen‘ spezifisch beobachten.“
Erste Messung an der Außenseite des Sonnensystems
Das Problem ist jedoch, dass die Voyager-Sonden nicht die richtigen Messgeräte an Bord haben. Aus diesem Grund wurden diese Additionsionen bisher nur vom Ulysses-Raumschiff auf der Höhe der Jupiter-Umlaufbahn gemessen. Bisher ist nur ein kleiner Teil dieser Wasserstoffpartikel von der äußeren Grenze der Heliosphäre nachweisbar. „Die Startionen aus der inneren Heliosphäre haben bereits Milliarden Kilometer Filter durchlaufen“, erklärt Co-Autor Eric Christian vom Goddard Space Flight Center der NASA.
Aber jetzt liefert sie Raumschiff NASA New Horizons Zum ersten Mal Messdaten des äußeren Teils unseres Sonnensystems – des Kuipergürtels. Dort, auf der anderen Seite von Pluto, verwendete die Sonde ihr SWAP-Instrument, das eigentlich für den Sonnenwind gedacht war, um die Dichte der energetischeren Aufnahmeionen in diesem Bereich zu messen. Aus diesen Messdaten haben Swaczyna und sein Team nun bestimmt, wie viel neutraler Wasserstoff im interstellaren Medium „vor unserer Tür“ sein soll.
40 Prozent näher als erwartet
Das Ergebnis: Die Dichte von neutralem Wasserstoff an der Außengrenze der Heliosphäre beträgt 0,127 Atome pro Kubikzentimeter. „Das sind rund 40 Prozent mehr als bisher angenommen“, berichten die Forscher. Ihre Dichtewerte entsprechen etwa 120 Atomen in einem Liter. Basierend auf den Ulysses-Messungen haben Wissenschaftler bisher jedoch eine Dichte angenommen, die nur 85 Wasserstoffatomen pro Liter entspricht.
Die neuen Ergebnisse werden jedoch durch Daten der Raumsonde Voyager 2 aus dem Jahr 2001 gestützt. Zu diesem Zeitpunkt versuchten die Forscher, die Menge der in die Heliosphäre eintretenden interstellaren Partikel mit einer anderen Methode zu bestimmen. Sie beobachteten, wie stark der Gegenwind dieses Wasserstoffzuflusses den Sonnenwind verlangsamte – und fanden Dichtewerte, die denen von New Horizons sehr ähnlich waren.
„Diese Bestätigung unseres alten, fast vergessenen Ergebnisses war eine echte Überraschung“, sagt Arik Posner von der NASA.
„IBEX-Ribbon“ -Puzzle gelöst
Die korrigierte Dichte des interstellaren Mediums gibt nicht nur ein besseres Bild davon, wie unsere kosmische Umgebung ist; Außerdem werden Unterschiede zwischen theoretischen Modellen und Beobachtungen beseitigt. „Die um 40 Prozent höhere Dichte ist absolut notwendig“, erklärt David McComas von der Princeton University. „Weil es nicht nur zeigt, dass unsere Sonne in einen dichteren Teil des interstellaren Raums eingebettet ist, erklärt es auch signifikante Fehler in unseren Simulationen.“
Ein Beispiel hierfür ist die IBEX-Mission. Dieser NASA-Satellit kartierte erstmals 2009 die hochenergetischen Partikel im Grenzbereich unseres Sonnensystems – und entdeckte dabei etwas Überraschendes: einen markanten Streifen mit besonders hoher Dichte. „Diese Struktur ist Milliarden Kilometer breit und zehn Milliarden Kilometer lang – und niemand wusste, dass es sie gibt“, erklärt Christian.
Zu diesem Zeitpunkt konnte keines der Modelle dieses Phänomen erklären – da es auf den alten Dichtewerten basierte. Aber jetzt können Astrophysiker zum ersten Mal Modelle und astronomische Beobachtungen in Einklang bringen. (The Astrophysical Journal, 2020; doi: 10.3847 / 1538-4357 / abb80a)
Was: NASA
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