Ich sehe bunte Fotos. Einige Büsche, zwischen denen sich Müllhaufen türmen. Mein erster Gedanke – eine wilde Müllkippe irgendwo auf dem Land in der Nähe des Waldes. Und Schock. Polen. Das Zentrum von Warschau, ein Schlachtfeld, geheiligt durch das Blut von Helden, die für die Unabhängigkeit des Landes kämpfen. Dies ist das berühmte Denkmal Reduta Ordona.
Müllkippe im Zentrum von Warschau
Fasziniert von diesem Phänomen beschloss ich, mich mit dem Thema zu befassen und befragte mehrere Institutionen, die in dieser Angelegenheit von entscheidender Bedeutung sind.
„Die Geschichte des Novemberaufstands, dessen wichtigstes Ereignis am 6. September 1831 in Reduta Ordona ausgetragene Schlacht war, ist für die Polen äußerst wichtig.“
– teilte mir Anna Turowska, stellvertretende Direktorin und Sprecherin des polnischen Ministeriums für Kultur und nationales Erbe mit.
Der Fall ist also kurios. Seit einem Jahrzehnt waren archäologische Forschungen und Exhumierungen der Überreste von Soldaten, die sich noch in Reduta Ordona befanden, nicht möglich. Aufgrund von Versäumnissen aller interessierten Institutionen, die durch ihre Passivität dazu beigetragen haben, Entscheidungen über die Entwicklung dieses Gebiets hinauszuzögern, ist Reduta 54 heute eine illegale Müllhalde, auf der Obdachlose leben. Die Aufregung wird durch die Tatsache verstärkt, dass an der Stelle der heldenhaften Kämpfe der Polen, die einst zahlreiche Empörungen und Proteste von Aktivisten hervorriefen, ein abscheuliches Moscheegebäude errichtet wurde.
Von einer Mülldeponie zur neuen Nekropole
Welche Lösung sehen die polnischen Behörden zu dieser Situation?
Es gibt keine konkreten Pläne, Termine, schlüssige Vision und Geld für die Umsetzung des Projekts.
„Das Ministerium für Kultur und nationales Erbe vertritt die Meinung, dass das würdigste Gedenken an die Kämpfer die Errichtung von Kriegsquartieren auf Grundstücken der Hauptstadt Warschau sein wird. Im Zusammenhang mit der geplanten Errichtung eines Soldatenfriedhofs sollten zunächst archäologische Arbeiten, an dem für das Gedenken vorgesehenen Ort, durchgeführt werden. Das Ministerium für Kultur und nationales Erbe führt derzeit Gespräche mit den beteiligten Institutionen (der Stadt Warschau und dem Woiwodschaftsamt) über den Arbeitsplan und den Bau der zukünftigen Gedenkstätte. Sobald diese Gespräche abgeschlossen sind, kann die finanzielle Beteiligung bestätigt werden.“
– erklärt Anna Turowska vom Ministerium für Kultur und nationales Erbe.
Es scheint, dass die einfachste Lösung in dieser Situation darin besteht, archäologische Forschungen durchzuführen und dann ein Gebäude zu bauen, das das polnische historische und nationale Thema freilegt und erinnert. Die Polen schämen sich ihrer Geschichte nicht, aber warum erlauben sie einer dominierenden Moschee zum Symbol dieses Orts werden zu lassen? In diesem Zusammenhang ist die Idee, mitten in der Stadt ein Kriegsquartier zu errichten, also Form eines Friedhofs, völlig unvereinbar mit der umliegenden Bebauung und unsichtbar von den in der Nähe befahrenen Verkehrsadern und Straßen, nicht nachvollziehbar. Die besondere Begeisterung von Herrn Dr. Jerzy Platajs, stellvertretender Direktor der Abteilung für kulturelles Erbe im Ausland und Gedenkstätten im Ministerium für Kultur und nationales Erbe, zur „Nekropole“ des Denkmals Reduta Ordona hat keine Grundlage in der Praxis. Warum einen weiteren Friedhof von Grund auf neu anzulegen, wenn ein kluges und durchdachtes architektonisches Konzept nicht nur das Schlachtfeld vor dem Vergessen bewahrt, einen würdigen Gedenkort entstehen lässt und den gottvergessenen Ort wieder zum Leben erweckt und zusätzlich mit dem umgebenden Stadtgefüge integriert? Zumal einer Aufbewahrung der Überreste im Museum in Form eines Beinhauses oder einer Beisetzung mit anderen Soldaten auf dem nahe gelegenen Friedhof in Warschau nichts im Wege steht. Der Konservator, der weiteren Forschungen nur ungern zustimmt, hat seine Vision von der Lösung des Problems, auch ohne konkreten Zeitpunkt.
„Der Denkmalpfleger der Woiwodschaft Masowien teilt die Idee, den Ort Reduta Ordona zu gedenken. Eine der akzeptablen Optionen zum Gedenken daran könnte der Bau eines Museums oder einer Gedenkkammer oder das Markieren der Umrisse der Festung auf dem Gelände sein. Für uns ist es das Wichtigste, diesen Ort angemessen zu würdigen. Zunächst müssen die archäologischen Forschungen abgeschlossen und die ausgegrabenen Überreste vergraben werden, dann wird über das weitere Schicksal dieses Areals und die Form der Erinnerung entschieden. Wir handeln immer im Rahmen des Gesetzes und es ist nicht wahr, dass wir Investitionen absichtlich blockieren. Das Wichtigste für uns ist der angemessene und gebührende Respekt vor Gedenkstätten.“
– Im Namen des Denkmalkonservators, Prof. Lewicki, äußerte sich Andrzej Mizera, leitender Medienspezialist.
Bisher jedoch keine Ergebnisse. Die Fotos, die in der polnischen Presse erscheinen, sind alarmierend. Und polnische Beamte überbieten sich jährlich darin, den Gefallenen Tribut zu huldigen, gerade an diesem Denkmal. Die Heuchelei der Beamten scheint grenzenlos zu sein.
Es gibt einen örtlichen Bebauungsplan, der trotz der Entdeckung des Kampfplatzes nicht geändert wurde. In der Gegend kann gebaut werden, Immobilienentwickler haben hier Grundstücke gekauft, Wohnsiedlungen sollten gebaut werden. Mittlerweile sind sie es, die die Initiative zum Aufräumen und Bauen des Museums ergriffen haben, um die Investitionskosten zu decken. Eines der Unternehmen, Tremon Polska, bietet durchdachte architektonische Lösungen, die die Investitionsziele des Ortes mit seinem historischen Charakter in Einklang bringen. Ein wichtiger Vorteil dieses Projekts ist die Dominanz historischer Akzente im Zusammenhang mit Reduta Ordona über dem Moscheegebäude, das, seien wir ehrlich, nicht hier sein sollte.
Was passiert als nächstes?
Der Fall ist noch offen. Ein weiteres Jahrzehnt der Diskussion um Reduta Ordona hat begonnen. Es ist schwer die Analogie zu den Räten der Ents aus J.R.R. Tolkiens Romanen zu übersehen. Wer es kennt, weiß, wovon ich spreche. Möge sich Reduta Ordona zumindest mit den Händen von Sozialarbeitern wehren.
Jörg Berner
Foto: Pogotowie Archeologiczne
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