Tschüss, Autos: Eine Straße zum nachhaltigen Verkehr kommt aufs deutsche Land | Geschäft | Wirtschafts- und Finanznachrichten aus deutscher Sicht | DW

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„In unserer Stadt gibt es fast niemanden, der kein Auto besitzt. Zwei, drei, vier Autos in einer Familie sind ganz normal“, sagt Britta Seifert. Sie lebt tief in der Eifel in Westdeutschland, in Krälingen, einer Kleinstadt mit weniger als 400 Einwohnern. Wenn es um Autos geht, ist ihr Dorf keine Ausnahme.

Wenn Sie in Deutschland auf dem Land wohnen, fahren Sie wahrscheinlich Auto. Züge und Busse verkehren in vielen Regionen nur selten und verbinden nicht jedes Dorf. Kein Wunder also, dass 90 % der Haushalte in ländlichen Regionen Deutschlands mindestens ein Auto besitzen. In Städten ist die Situation anders. Fast die Hälfte der Haushalte kommt ohne eigenes Auto aus.

Mit dem Auto benötigt Seifert etwa 20 Minuten bis in die nächstgrößere Stadt. Der Bus fährt nur einmal pro Stunde und braucht doppelt so lange. „Deshalb ist unser ÖPNV so unattraktiv“, sagte sie. „Für einen Einsatz, für den ich etwa eine Stunde mit dem Auto brauche, brauche ich drei Stunden mit dem Bus.“

Autoprivilegien raten von der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ab

Im Kampf gegen den Klimawandel hat sich die neue Bundesregierung zum Ziel gesetzt, den Verkehr im ländlichen Raum zu reduzieren. Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass allen Bürgerinnen und Bürgern gut angebundene, bezahlbare, klimafreundliche und alltagstaugliche Verkehrsmittel zur Verfügung stehen. Aber viel bewegt habe sich noch nicht, sagte Andreas Knie. Er leitet die Forschungsgruppe für digitale Mobilität am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung.

„Wir haben in Deutschland immer noch eine unglaubliche Autosubventionspolitik“, sagt er der DW. „Die neue Bundesregierung hat sich entschieden, die Privilegien des Autos nicht anzugreifen. So gibt es zum Beispiel Subventionen und Steuererleichterungen für Pendler mit dem Auto, für Diesel- oder Dienstwagenfahrer, und es gibt kein generelles Tempolimit . . „

Würde man diese Vorteile wegnehmen, sei das Autofahren nicht mehr so ​​attraktiv, sagte Knie. Und wenn Autofahrer für die tatsächlichen Kosten des Fahrens aufkommen müssten – etwa wenn Umwelt- und Klimaschäden oder Flächenverbrauch hinzugerechnet würden – würde der Besitz eines Autos unattraktiv.

Überdenken Sie die letzte Meile

Aber es reicht nicht aus, um die Lust am Autofahren zu entmutigen. Auch ein Teufelskreis muss durchbrochen werden. Nur wenige Menschen in ländlichen Gebieten nutzen derzeit öffentliche Verkehrsmittel. Dies führt zu reduzierten Optionen, was zu noch weniger Benutzern führt.

Doch das kann sich ändern, vor allem wenn die Hauptstrecken zwischen größeren Städten durch regelmäßige Busse und Bahnen verbunden sind. Menschen, die von weiter her kommen, könnten an diesen Verkehrsknotenpunkten einsteigen. „Man muss die berühmte letzte Meile überdenken. Jeder muss ohne eigenes Auto zu einem Knotenpunkt kommen können. Digitalisierung und Smartphones können dabei eine große Rolle spielen“, sagte Knie.

Auf Landstraßen können Radwege durch Umwidmung vorhandener Flächen angelegt werden

Es gibt viele mögliche Lösungen für die Organisation des Transports zu den großen Drehkreuzen. Wer sein eigenes Auto fährt, kann andere mitnehmen. Subventionierte Taxis können bei Bedarf gerufen werden. Städte können Gemeinschaftsbusse nutzen, die von freiwilligen Fahrern betrieben werden, oder sie können gemeinsam genutzte E-Autos kaufen. Fahrgemeinschaften sind eine weitere Möglichkeit: Wenn Sie auf einem sitzen, signalisieren Sie Passanten, dass Sie eine Mitfahrgelegenheit benötigen.

Gehen und Radfahren spielen eine Rolle

Die letzte Meile kann auch mit dem Fahrrad zurückgelegt werden. Aber es braucht ein sicheres Radwegsystem, das laut Knie derzeit im ländlichen Raum weitgehend nicht vorhanden ist. „Jede Straße muss einen sicheren und ausgewiesenen Radweg haben. Wir müssen dafür keine zusätzlichen Flächen versiegeln und neue Straßen anlegen. Wir müssen nur Flächen umverteilen“, sagte er und nannte Beispiele in den Niederlanden, Dänemark und Skandinavien. Länder.

Ein öffentlicher Bus fährt auf einer Landstraße in Sachsen, Deutschland

Busse in ländlichen Gebieten Deutschlands fahren zu selten, um für viele Menschen sinnvoll zu sein

Bemerkenswert sei, dass keines dieser Länder große Autohersteller seien, sagte Knie. In Deutschland dagegen wird jeder Versuch, den Autoverkehr einzudämmen, als Angriff auf die Autoindustrie und damit auf Arbeitsplätze gewertet. Aber Radfahren und Wandern haben einiges zu bieten. Fast die Hälfte der zurückgelegten Strecken in ländlichen Gebieten sei weniger als vier Kilometer lang und könne problemlos mit dem Fahrrad oder zu Fuß zurückgelegt werden, sagte er.

Überschwemmungen verzögern den Fortschritt

Auch Radwege mangelt es in Krälingen. Trotzdem fuhr die heute 17-jährige Tochter von Britta Seifert noch eine Weile über Landstraßen zur Schule. „Sie hat sich oft darüber beklagt, dass Autos ihr gefährlich nahe kommen, wenn sie vorbeifahren“, sagte Seifert.

Ihre Tochter ist inzwischen auf einen Mikromotor umgestiegen, den Minderjährige fahren dürfen. Damit besitzt der dreiköpfige Haushalt Seifert drei Autos.

Aber die Verbesserung des ÖPNV sei im Kreis Krälingen ein Diskussionsthema, sagte Seifert, die ehrenamtliche Gemeinderätin ihrer Gemeinde Altenahr ist. Die ersten Projekte sind bereits angelaufen. Es wurden einige Fahrgemeinschaften eingerichtet und subventionierte Taxis für Senioren und Schüler aufgestellt. Aber die Hochwasserkatastrophe im vergangenen Sommer im Ahrtal habe neue Projekte gestoppt, sagte Seifert.

„Jetzt müssen Straßen gebaut oder repariert werden. Aber ich denke, das wird es auch in Zukunft noch geben.“

Zuletzt bearbeitet von: Kristie Pladson

Wolfram Müller

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