Die Abhängigkeit Deutschlands von chinesischen Rohstoffen rückt zunehmend ins Blickfeld der Regierung, die gemeinsam mit der EU weiterhin mit Hochdruck daran arbeitet, sich aus der wirtschaftlichen Abhängigkeit Russlands zu befreien. EURACTIV Deutschland berichtete.
In enger Zusammenarbeit mit der EU wolle sich Deutschland aus seiner einseitigen Abhängigkeit von China lösen, teilte die Regierung mit.
Das Wirtschaftsministerium des Landes arbeitet bereits mit Hochdruck an einer neuen Rohstoffstrategie und zielt darauf ab, den heimischen Bergbau auszubauen und die Lieferketten zu diversifizieren.
Die neue Forderung nach mehr strategischer Autonomie „beunruhigt einerseits Russland, wo wir uns von der einseitigen Abhängigkeit von billiger Energie lösen müssen, und andererseits China mit Blick auf die Rohstoffabhängigkeit“, so die parlamentarische Staatssekretärin Franziska Brantner . im Wirtschaftsministerium, sagte EURACTIV.
In den letzten Jahrzehnten ist die EU in Bezug auf kritische Rohstoffe zunehmend von China abhängig geworden, wobei fast zwei von drei Ressourcen, die sie für kritisch hält, aus dem Land gewonnen werden.
„Wir haben zu lange einfach nur dort eingekauft, wo es am billigsten ist, und es sind oft Rohstoffe, die aus China kommen“, sagte Brantner.
Besonders bedenklich ist der Bundesregierung die Abhängigkeit in der ersten Verarbeitungsphase.
„Hier gibt es kaum Produktionsstätten, die von China unabhängig sind. Bei vielen der Seltenen Erden liegt diese Abhängigkeit sogar bei nahezu 100 %“, so Brantner.
Das Streben nach mehr strategischer Unabhängigkeit dürfe jedoch nicht zu protektionistischen Tendenzen führen, denn „wir brauchen eine Globalisierung – aber eine gerechte und nachhaltige“, fügte sie hinzu.
Deutschland setzt daher auch auf eine Diversifizierung der Lieferketten. Anstatt die einseitige Abhängigkeit von Ländern wie China und Russland aufrechtzuerhalten, plant die Bundesregierung, die Zusammenarbeit mit anderen nicht-westlichen Staaten weiter auszubauen und deutsche Unternehmen zu Investitionen in diesen Drittländern zu ermutigen.
Brantner macht sich daher Mitte Juni auf den Weg nach Südamerika, um dort für eine stärkere wirtschaftliche Zusammenarbeit bei erneuerbaren Energien und Rohstoffen zu werben.
Wachsende Bedürfnisse
Nach Schätzungen der Weltbank wird die Nachfrage nach kritischen Rohstoffen in naher Zukunft voraussichtlich stark steigen und bis 2050 um etwa 500 % wachsen.
„Aufgrund des exponentiellen Nachfragewachstums besteht die Gefahr, dass sich diese bestehenden Abhängigkeiten noch weiter vertiefen“, sagte Bernd Schäfer, CEO von EIT Raw Materials, gegenüber EURACTIV.
Ihm zufolge muss die EU nun ihre Bemühungen zur Diversifizierung der Lieferketten verstärken und die Ausbeutung dieser kritischen Rohstoffe über den gesamten Block lenken.
Die Europäische Kommission hat diesbezüglich bereits einige Initiativen ergriffen. Dazu gehören verstärkte Investitionen in die Kreislaufwirtschaft, die darauf abzielt, die Nachfrage nach kritischen Rohstoffen zu reduzieren und gleichzeitig die bereits zu Produkten verarbeiteten Rohstoffe wiederzuverwerten.
Das Prinzip ist bereits in einigen EU-Rechtsvorschriften verankert. Die Batterieverordnung in ihrer jetzigen Form schreibt zum Beispiel vor, dass Batterien zu einem bestimmten Gewichtsanteil rohstofflich wiederverwertet werden müssen.
Ein ähnlicher Ansatz wird auch in der Ökodesign-Richtlinie verfolgt, die derzeit überarbeitet wird. Besonders Seltene Erden haben derzeit eine Recyclingquote von weniger als 4 %, daher sieht die Europäische Kommission gerade in diesem Bereich noch viel Verbesserungspotenzial beim Rohstoffrecycling.
„Es ist auch wichtig, den Gesamtverbrauch an Rohstoffen zu reduzieren und mehr zu recyceln. Hier liegt noch großes Potenzial für viele Rohstoffe. Wir setzen uns diesbezüglich für eine europäische Kreislaufwirtschaft ein“, sagte Brantner.
Rohstoffgesetz
Der große Knall beim Thema Rohstoffunabhängigkeit steht allerdings noch aus, denn die Kommission arbeitet derzeit an einem eigenen Vorschlag zur strategischen Unabhängigkeit bei kritischen Rohstoffen – dem Rohstoffgesetz.
Obwohl noch nicht bekannt ist, wie der neue Gesetzentwurf aussehen wird, wird erwartet, dass viele seiner Bestimmungen auf dem Chipgesetz basieren werden. Der Chips Act adressiert ähnliche Probleme in Bezug auf Lieferengpässe bei Halbleitern.
Das Chipgesetz zielt unter anderem darauf ab, die Produktionskapazität von Halbleitern in Europa bis 2030 mehr als zu verdoppeln.
Aus deutscher Sicht lässt sich dieser Ansatz jedoch nicht einfach auf das Rohstoffgesetz übertragen.
„Die Kommission sollte sich hier nicht nur auf die verstärkte Rohstoffgewinnung in Europa konzentrieren“, betonte Brantner. Vielmehr sollte es sich auch auf die Diversifizierung der Lieferketten und die Erhöhung der Investitionen in Drittländern konzentrieren, fügte sie hinzu.
„Wir brauchen faire, wettbewerbsfähige Bedingungen, also wenn wir bei der heimischen Rohstoffgewinnung hohe Nachhaltigkeitsstandards anlegen, dann muss das auch für die importierten Rohstoffe gelten. Darüber hinaus brauchen wir mehr Tools zur Überwachung und Verfolgung von Lieferketten und Anreize für Diversifizierung, Effizienz und Recycling“, fügte Brantner hinzu.
[Edited by Alice Taylor]
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