Deutsche Nonne zu Geldstrafe verurteilt, weil sie nigerianischen Frauen religiöses Asyl gewährt hat

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Ein deutsches Gericht hat einer Nonne 500 Euro in Rechnung gestellt, weil sie nigerianischen Frauen geholfen hat, denen die Abschiebung aus Deutschland droht. Die beiden Frauen sollen vor der Zwangsprostitution in Italien geflohen sein. Verschiedene Gruppen kritisierten den Gerichtsbeschluss und forderten eine Entkriminalisierung des Religionsasyls.

Juliana Seelmann ist eine 38-jährige Nonne, die im Franziskanerstift Oberzell in Nordbayern lebt und arbeitet. Am Mittwoch, 2. Juni, wurde sie vom Amtsgericht Würzburg der Beihilfe zum illegalen Aufenthalt für schuldig befunden und zu einer Geldstrafe von 500 Euro verurteilt.

Laut einem Gerichtssprecher muss die Nonne das Geld an eine Wohltätigkeitsorganisation spenden und muss mit einer zusätzlichen Geldstrafe von 600 Euro rechnen, wenn sie während einer zweijährigen Probezeit Verstöße begeht.

„Wir leben in einer Demokratie, nicht in einer Theokratie. Das ist eine eklatante Rechtsverletzung, die nicht vergeben werden kann“, sagte der Richter. Seelmann gestand und betonte, vom Würzburger Bischof ausdrückliche Unterstützung für sein Handeln erhalten zu haben.

Zwangsprostitution

Die Nonne hatte 2019 und 2020 jeweils einer Nigerianerin in ihrer Abtei religiöses Asyl gewährt. Die Frauen sollen vor der Zwangsprostitution in Italien geflohen sein und in Deutschland Zuflucht gesucht haben. Nach Angaben der Europäischen Union Dublin-Verordnung, die Frauen sollen Deutschland nach Italien verlassen haben, wo sie erstmals in die EU einreisten.

Juliana Seelmann, Nonne im Franziskanerstift Oberzell in Würzburg, Deutschland |  Foto: Daniel Karmann / dpa
Juliana Seelmann, Nonne im Franziskanerstift Oberzell in Würzburg, Deutschland | Foto: Daniel Karmann / dpa

Eine der heute 23-jährigen Frauen wurde nach der Fallbeschreibung des Bistums Würzburg im Alter von 15 Jahren von ihrer Mutter in die Zwangsprostitution geschickt. Sein Zuhälter, eine Frau, schickte ihn zuerst nach Libyen, dann nach Italien. Von dort floh sie zweimal nach Deutschland und lebte Ende 2019 für zwei Monate in der Abtei. Sie hat jetzt das Recht, in Deutschland zu bleiben.

Ob die andere Frau, die von Februar bis Mai 2020 in der Abtei weilte, in Deutschland bleiben kann, ist nicht bekannt. Der 34-Jährige sei zudem zur Prostitution gezwungen worden, teilte das Bistum Würzburg mit. Außerdem hatte sie sich bei einer Kundin mit HIV infiziert.

Die Diözese argumentierte, dass in beiden Fällen Religionsasyl gerechtfertigt sei, weil die Frauen mit extremen Dringlichkeitssituationen konfrontiert gewesen seien.

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„Tödliches Signal“

Der deutsche „Arbeitskreis Ökumenisches Kirchenasyl des Bundes“ bezeichnete den Gerichtsbeschluss als „tödliches Signal“.

„Menschen in verzweifelten Situationen zu helfen, kann kein Verbrechen sein“, sagte die Interessenvertretung in einer Erklärung online und auf Twitter. „Wenn ein Gericht eine solche Aktion als unentschuldbar bezeichnet, wirft das ein alarmierendes Licht auf das Menschenverständnis und Gewissensfragen in diesem Land.“

Auch die Ortsjugend der Grünen und der Würzburger Flüchtlingsrat kritisierten die Entscheidung, bekundeten ihre Solidarität mit Seelmann und forderten die Entkriminalisierung des Religionsasyls.

In einem anderen Asylverfahren, das nichts mit einer Kirche bei Würzburg zu tun hatte, sprach ein Gericht Ende April einen Mönch frei, der einem im Gazastreifen geborenen Mann Zuflucht gewährt hatte. Das Gericht entschied, dass in diesem Fall das Religionsasyl durch die im Grundgesetz verankerte Glaubens- und Gewissensfreiheit geschützt sei.

Im Januar hat das deutsche Asylamt seine Beschränkungen für das Religionsasyl gelockert. Die eingeführten Änderungen betreffen die Fristen, innerhalb derer die Verantwortung eines Asylbewerbers aus anderen EU-Staaten nach Deutschland übertragen wird. Bisher waren die Hürden für ein Religionsasyl so hoch, dass Hilfe bei schwierigen Fällen fast unmöglich gemacht wurde.

Mit AFP

Heine Thomas

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