Eine Technik, die zur Abbildung von π-Orbitalen während chemischer Reaktionen auf der Oberfläche entwickelt wurde – die Photoemissions-Orbitaltomographie – kann auch σ-Orbitale abbilden. Die Forscher, die ihre Entdeckung durch die Beantwortung einer bisher offenen Frage zum Produkt einer Reaktion testeten, glauben, dass die Methode chemische Mechanismen in Bereichen wie der Katalyse aufdecken könnte.
Die Oberflächenchemie ist von entscheidender Bedeutung für Bereiche wie die heterogene Katalyse und die Mikrofluidik. Um chemische Strukturen zu verstehen, verwenden Forscher häufig Rastertunnelmikroskopie (STM), um die Tiefen der Potentialtöpfe von Elektronen zu messen. Leider funktioniert dies nur bei sehr locker gebundenen Elektronen, die sich normalerweise in π-Orbitalen befinden, da eine zu starke Belastung dazu führt, dass die Verbindung zwischen Spitze und Oberfläche instabil wird. Aber auch andere Elektronen sind für die Bindung wichtig. „Zum Beispiel sind nur σ-Orbitale an der Bindung an Wasserstoffatome beteiligt, weil das Wasserstoffatom ein s-ähnliches Orbital hat, das nur an ein σ-Orbital binden kann“, erklärt der theoretische Physiker Peter Puschnig an der Universität Graz in Österreich.
2009 Puschnig und Kollegen offenbarte eine Alternative zu STM namens Photoemission Orbital Tomography. Sie bestrahlten eine Oberfläche mit ultraviolettem Licht und maßen sowohl die Winkel als auch die Energien von Elektronen, die durch den photoelektrischen Effekt ausgeschlagen wurden. Dadurch konnten sie die Impulse von Elektronen mit unterschiedlichen Energien in Molekülen herausarbeiten und so die Formen elektronischer Orbitale rekonstruieren. Auch hier stellten σ-Bindungen ein Problem dar. Die Photoemissions-Orbitaltomographie beruht auf der Annahme, dass die von allen einzelnen Atomorbitalen in der Oberfläche emittierten Elektronen am Detektor zu ebenen Wellen zusammenlaufen. „Man kann mathematisch beweisen, dass es unter bestimmten Annahmen funktionieren sollte, aber diese mathematischen Annahmen lassen sich nicht auf σ-Orbitale anwenden“, sagt Puschnig. „Deshalb machten wir diese vorsichtige Aussage, dass sie nur auf π-Orbitale angewendet werden kann.“
Die Forscher zeigten, dass dies in der Praxis auch für σ-Orbitale zu funktionieren scheint. Die Oberflächendehalogenierung und Cyclodehydrierung eines Bianthracens auf einem Kupfersubstrat wurde durchgeführt, um zu bestimmen, ob Kupferatome in das Produkt eingebaut wurden oder nicht. Ausgehend von der Annahme, dass die Näherung für ebene Wellen gültig ist, berechneten Puschnig und Kollegen die erwarteten Spektren in beiden Fällen. Experimentatoren des Forschungszentrums Jülich in Deutschland sammelten dann UV-Photoemissionsspektren am Deutschen Nationalen Institut für Metrologie.
Die Spektren lagen viel näher an den Vorhersagen für das Produkt ohne Kupferatome. Dies beantwortete eine ungelöste Frage in der Oberflächenwissenschaft und zeigte auch, dass die Photoemissions-Orbitaltomographie σ-Orbitale nachweisen kann. „Wir sagen sicher nicht, dass der Plane-Wave-Ansatz immer und überall funktioniert“, sagt das Forschungszentrum Jülich Sergej SoubatCH„Wir beobachten einige Abweichungen, aber auf konzeptioneller Ebene beschreibt es perfekt die elektronischen Strukturen der Objekte, die wir bisher untersucht haben.“
Die Forscher hoffen nun, Reaktionen in Echtzeit nachweisen zu können. »Wenn Sie die Veränderung der Orbitalstruktur verfolgen können [during a chemical reaction] als Funktion der Zeit lernt man natürlich viel über die Details der chemischen Reaktion“, sagt das Forschungszentrum Jülich Frank Stefan Tauz, der leitende Autor der Arbeit. Soubatch glaubt, dass die Arbeit ein praktisches Laborwerkzeug ist. „Heutzutage entwickelt sich die Photoemissionsspektroskopie ziemlich schnell in Richtung katalytischer Anwendungen, und es gibt keinen Grund, warum unsere Arbeit dort nicht mit gewissen Verbesserungen angewendet werden könnte [to the apparatus]“, sagt Soubatch.
Johannes Voß des Suncat Center for Interface Science and Catalysis at Das Stanford Linear Accelerator Laboratory ist fasziniert. „Warum das für σ-Orbitale funktioniert, ist noch nicht geklärt aber ich hoffe, dass weitere Experimente und auch Fortschritte bei Photoemissionssimulationen dazu beitragen werden, zu klären, welche Anforderungen an das adsorbierte System notwendig sind, damit diese sehr vielversprechende direkte orbitale Abbildungstechnik möglich ist‘, sagt er. „Die spektroskopischen Bemühungen zur heterogenen Katalyse in meinem Labor konzentrieren sich auf Röntgentechniken auf Kernebene. Ich denke, diese Methode muss noch beweisen, wo sie angewendet werden kann.‘
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