K.arl von Rohr fällt auf. Er verzichtet auf den blauen Mund- und Nasenschutz mit dem von seinen Mitarbeitern getragenen Deutsche Bank-Logo. Er trägt eine weiße Maske. Ärgerlicherweise gibt es den Namen eines ehemaligen Frankfurter Nachtclubs. Die Maske stammt eigentlich aus einem gleichnamigen Matratzenladen. Von Rohr schwört auf diese Masken, weil „sie so schönes Licht sind“.
W WELT: Herr von Rohr, Ihr Investorentag findet in einer Woche statt – dem sogenannten Investor Deep Dive. Obwohl Sie diesmal möglicherweise nicht zu den Aktionären der Bank gehören, befinden sich die Top-Führungskräfte und einige Techniker zusammen im selben Raum – das sind mehr als 20 Personen. Haben Sie keine Angst vor Infektionen?
Karl von Rohr: Nein, alle Anwesenden werden in den vergangenen Tagen getestet. Außerdem ist es ein großer Konferenzbereich und natürlich wird immer der Mindestabstand eingehalten. Wir hatten mehrere Gelegenheiten dieser Größe und unser umfangreiches Hygienekonzept hat bisher immer gut funktioniert.
W WELT: Die Tests sind für Sie eigentlich unnötig. Du hast schon Corona gehabt.
Van Rohr: Ja, ich habe Covid-19 im März bekommen – und ich habe immer noch eine große Anzahl von Antikörpern. Trotzdem werde ich auch immer wieder getestet – besonders vor Ereignissen wie unserem Investorentag.
W WELT: Was Sie den Anlegern am kommenden Mittwoch sagen werden, ist dies Deutsche Bank über den Berg?
Van Rohr: Ja sie ist. In den letzten fünf Jahren haben wir die Risiken reduziert, unser Kapitalpolster gestärkt, wir haben heute deutlich mehr Liquidität – und sind profitabel. Und: Die Deutsche Bank hat endlich keine negativen Nachrichten mehr. Sie müssen sich in den ersten zehn Minuten eines Gesprächs nicht mehr für vergangene Fehler rechtfertigen. Deshalb sind auch unsere Mitarbeiter deutlich zufriedener. Das ist uns sehr wichtig. Schließlich mussten Sie in den letzten Jahren viel durchmachen.
W WELT: Dann können Sie zuerst einen Gang schalten.
Van Rohr: Wir wären schlechte Führer, wenn wir das tun würden. Wir haben uns mit unserer Strategie im Juli 2019 ehrgeizige Ziele gesetzt und arbeiten sehr konzentriert und konzentriert auf deren Umsetzung. Corona macht es in einigen Bereichen schwieriger, aber anderswo bekommen wir Rückenwind. Ich bin daher zuversichtlich, dass wir als Bank unsere Ziele erreichen werden.
W WELT: Der Investmentbank geht es unglaublich gut. War es nicht ein Fehler, dort so radikal zu schneiden?
Van Rohr: Nein. Es war richtig, sich auf das zu konzentrieren, was wir wirklich gut können. Wir haben zu viele Optionen zu lange offen gehalten und gezögert, an Bereichen teilzunehmen, in denen wir nicht an vorderster Front standen. Es hat die Bank viel Geld gekostet.
W WELT: Sie wollten unter anderem bis 2022 18.000 Arbeitsplätze abbauen. Im Privatkundengeschäft müssen insbesondere Kürzungen vorgenommen werden. Wie weit bist du hier?
Van Rohr: Wir verhandeln mit Arbeitnehmervertretern in verschiedenen Bereichen und machen gute Fortschritte. Vor einigen Tagen konnten wir uns darauf einigen, 37 Prozent der Stellen in unserer Privatkundenzentrale in Frankfurt und Bonn abzubauen. Weitere Schritte werden in anderen Bereichen des Privatkundengeschäfts durchgeführt. Darüber hinaus haben wir kürzlich eine Vereinbarung zum Verkauf von Postbank Systems an Tata getroffen. Dies wird die Anzahl der Arbeitsplätze in unserer Bank um etwa 1500 reduzieren.
W WELT: Wie stehen Sie dazu?
Van Rohr: Dies ist eine schwierige Situation für uns alle. Niemand im Management schlägt sich auf die Schulter, dass wir erfolgreich Arbeitsplätze abbauen. Leider ist dies dringend erforderlich, um nachhaltig profitabel zu werden.
W WELT: Sie verwenden auch den roten Stift zusammen mit den Zweigen. Wie viele wirst du schließen?
Van Rohr: Wie bereits angekündigt, schließen wir rund 100 Filialen der Deutschen Bank. Darüber hinaus wollen wir in den nächsten zwei Jahren rund 50 Stellen bei der Postbank aufgeben. Unser Filialnetz in Deutschland wird bis Ende 2022 um weitere 200 Filialen schrumpfen.
W WELT: Wird es dann vorbei sein oder wird es in ein paar Jahren fast keine Filialen mehr geben?
Van Rohr: Früher als viele unserer Wettbewerber haben wir begonnen, unser Filialnetz an veränderte Kundenverhalten anzupassen. Die Corona-Krise hat erneut gezeigt, dass Beratung nicht nur in der Branche, sondern auch telefonisch oder digital erfolgen kann. Trotzdem werden wir unseren Kunden in Zukunft mit Niederlassungen in ganz Deutschland leicht zugänglich sein. Neben den klassischen Filialen sind zukünftig auch reine Beratungsstandorte denkbar, die nicht so zentral gelegen sein müssen.
W WELT: Ist es auch denkbar, Filialen der Postbank und der Deutschen Bank langfristig zusammenzulegen?
Van Rohr: Nein. Wir halten an unserer Zwei-Marken-Strategie fest, weil wir eine sehr differenzierte Markenpositionierung haben. Die beiden Marken werden jedoch in Zukunft noch enger zusammenarbeiten. Sobald dies technisch machbar ist, sollten alltägliche Finanztransaktionen für beide Kundengruppen an jedem Schalter möglich sein. Während der Konsultation ist es jedoch immer noch sinnvoll, sich scheiden zu lassen.
W WELT: Was ist Ihr wichtigstes Problem neben geringeren Kosten?
Van Rohr: Für das Privatkundengeschäft ist dies zweifellos eine Digitalisierung. Neben der Digitalisierung aller unserer Schleusen ist uns unsere Deutsche Bank Mobile App besonders wichtig. Wir sind sehr stolz darauf, dass unsere Kunden dort 30 Millionen Mal im Monat berichten. Wir wollen diese digitale Stärke weiter ausbauen. Bis heute ergänzen 13 Produkte und 23 neue Dienstleistungen das Leistungsspektrum. Dies beinhaltet eine CO2Indikator, der die Ausgaben eines Kunden, beispielsweise für Haushalt, Verbrauch oder Kraftstoff, verwendet, um seinen persönlichen CO zu bestimmen2-Berechnen Sie den Footprint.
W WELT: Und wie ökologisch ist Ihr persönlicher Fußabdruck?
Van Rohr: Da der CO2Der Indikator startet erst heute, daher hatte ich keine Chance, ihn berechnen zu lassen. Tatsächlich ist mir das Thema Nachhaltigkeit sehr wichtig. Und unsere Kunden auch. Mit Hilfe der Digitalisierung können wir nun Ökonomie und Ökologie auf sinnvolle Weise kombinieren und in einer weiteren Expansionsphase der App unseren Kunden Vorschläge machen, wie sie ihr Portfolio nachhaltiger gestalten und fossile Brennstoffsysteme reduzieren können.
W WELT: Und nebenbei verdienen. Sie haben den Eindruck, dass Sie die Corona-Krise nicht einmal bemerken würden.
Van Rohr: Natürlich sehen wir dies in unserem Geschäft. Infolge der Situation haben wir beispielsweise unsere Risikovorsorge im Kreditgeschäft sowohl in der Privatkundenbank als auch in der gesamten Bank erhöht. Wir sind jedoch im Vergleich zu unseren internationalen Wettbewerbern deutlich besser aufgestellt, weil wir viele haben Kredite in Europa und vor allem in Deutschland. Die Bundesrepublik ist eine der stabilsten Volkswirtschaften der Welt. Hier haben wir die Hälfte unseres Kreditvolumens. 35 Prozent sind mit Bandagen sichern HypothekenNur sechs Prozent sind Konsumentenkredite. Einige unserer europäischen und amerikanischen Wettbewerber haben einen viel größeren Anteil an Verbraucherkrediten.
W WELT: Wie schützen Sie sich vor Ausfällen?
Van Rohr: Bei Bedarf sorgen wir in der Bank für sehr konsequente Vorsorge. Vor allem aber profitieren wir jetzt davon, dass wir auch in guten Zeiten mit Kreditrisiken diszipliniert geblieben sind. Die Deutsche Bank hat dies in der Vergangenheit anerkannt, so dass wir selbst während der Finanzkrise nur wenige Probleme mit notleidenden Krediten hatten. Grundsätzlich haben wir einen sehr stabilen Kundenstamm – und ein sehr gutes Risikomanagement.
W WELT: Wo genau bieten Sie an?
Van Rohr: Natürlich beobachten wir die Unternehmenskredite in den von der Pandemie besonders betroffenen Branchen genau. Im Geschäft mit Technologieunternehmen hingegen sind wir in der Regel etwas entspannter. Wir haben unsere Standards für Konsumentenkredite weiter verschärft. Wir sind optimistisch in Bezug auf Hypothekarkredite, die angesichts der niedrigen Zinssätze immer noch sehr gefragt sind.
W WELT: Wie viele Ihrer Kunden haben ihren Kredit aufgrund der Corona-Krise verschoben?
Van Rohr: Derzeit nutzen noch rund 3.500 Personen diese Option. Im Frühjahr waren es jetzt 70.000. Wir sehen also eine gute Entwicklung.
W WELT: Die Situation hat sich kaum entspannt – wir befinden uns jetzt in der zweiten Welle der Krise.
Van Rohr: Das ist wahr. Dennoch ist die Zahl der Fälle, in denen Unternehmer oder Selbstständige von der Koronakrise bedroht sind, geringer als ursprünglich befürchtet.
W WELT: Dies ist hauptsächlich auf die großzügige staatliche Unterstützung zurückzuführen.
Van Rohr: Und die Kreativität von Unternehmern wie Gastronomen. Sie wurden von der Corona-Krise schwer getroffen. Trotzdem machen sie noch einige Verkäufe mit der Liefer- und Abholindustrie. Auf lange Sicht reicht das natürlich nicht aus. Aber in Kombination mit der staatlichen Beihilfe werden hoffentlich viele Menschen durchkommen.
W WELT: Mach weiter? An einigen Stellen sind die Programme so umfangreich, dass Unternehmen sogar von der Krise profitieren.
Van Rohr: Das Dienstprogramm ist umfassend und hilft, Insolvenzen zu vermeiden. Ich denke, es ist richtig, dass die Regierung Unternehmen jetzt so sehr unterstützt. Solange wir keinen Impfstoff haben und die Pandemie mit Verschlussmaßnahmen eindämmen müssen, gibt es kaum Alternativen. Ich denke nicht, dass die Maßnahmen übertrieben sind. Die Tatsache, dass im Einzelfall Übertreibungen auftreten können, kann nicht vermieden werden.
W WELT: Zu großzügige Hilfe schützt auch Unternehmen, die nicht mehr lebensfähig sind, und die sogenannte Zombifizierung droht. Eine Krise kann immer eine Chance für Innovation sein.
Van Rohr: Unternehmen gehen in Konkurs, und diese Zahl wird im nächsten Jahr weiter steigen. Es gibt auch eine Konsolidierung: Viele Unternehmen fusionieren mit anderen. Es ist jedoch auch richtig, dass Geschäftsmodelle, die vor der Krise keine Zukunft hatten, nicht unnötig durch die Hilfskredite erweitert werden sollten. Wenn es Anzeichen dafür gibt, dass ein Geschäftsmodell nicht nachhaltig ist, vermeiden wir die Gewährung von Hilfskrediten – auch wenn dies vom Staat garantiert wird.
W WELT: Was muss jetzt getan werden?
Van Rohr: Jetzt, da es so aussieht, als könnten wir nächstes Jahr mit der Impfung beginnen, müssen wir darüber sprechen, wie wir die sehr teuren Versorgungsunternehmen reduzieren können. Es erfordert eine sehr bewusste Anstrengung. Es besteht die Gefahr, dass die Beihilfe sonst dauerhaft wird. Dies wird nicht nur einen enormen Druck auf die Staatskasse ausüben, sondern langfristig auch die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft beeinträchtigen.
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