Für die brasilianische Tochtergesellschaft mit mehr als 200.000 Kunden hat Jaffe einen Käufer beim inländischen Zahlungsdienstleister PagSeguro Digital gefunden, der an der New Yorker Börse notiert ist. In Großbritannien verkauft Jaffe das operative Geschäft von Wirecard Card Solutions, das hauptsächlich Online-Transaktionen für Fintech-Unternehmen verarbeitet und verarbeitet Kreditkarte Probleme. Es gibt auch Interessenten für die amerikanische Tochtergesellschaft und das deutsche Kernunternehmen, gab Jaffe am Freitag bekannt. Zeit ist von entscheidender Bedeutung: Bis Ende August sollte klar sein, welche Teile von Wirecard wiederverwendbar oder welche allein lebensfähig sind. Zumindest einige der rd. 1.500 deutschen Mitarbeitern droht die Entlassung.
Am 1. September wird das Insolvenzverfahren gegen die Wirecard AG und ein halbes Dutzend deutsche Tochterunternehmen offiziell eröffnet. Jaffe muss zunächst seinen Insolvenzbericht über den Staat und die Aussichten des tief gefallenen Unternehmens dem Gericht vorlegen. Die deutschen Beschäftigten erhalten vom Arbeitsamt nur bis Ende August Insolvenzgeld, danach sollte die Belegschaft wieder aus der Kasse des Unternehmens ausgezahlt werden. Aber Jaffe darf keine zusätzlichen Verluste akkumulieren, die die Gläubiger tragen würden. Die Verdi-Gewerkschaft geht davon aus, dass ein Drittel der inländischen Arbeitsplätze gerettet werden kann, wenn Jaffe das Kerngeschäft als Ganzes verkauft. Der erfahrene Anwalt hatte unter anderem das Medienimperium Leo Kirch und den Chiphersteller Qimonda liquidiert.
Der Insolvenzverwalter hat die wichtigsten Teile des Unternehmens von Wirecard in Deutschland gebündelt, um sie für den Verkauf vorzubereiten. „In dieser verwirrenden Struktur wäre das für einen Käufer sonst finanziell nicht tragbar gewesen“, sagte ein Insider. „Es ging darum, das Unternehmen auf seinen realistischen Kern zu reduzieren.“ Wirecard hat sich bei der Verarbeitung und Sicherung von Zahlungen per Kreditkarte im Internet und an Registrierkassen einen Namen gemacht.
Eine besondere Rolle spielt die Wirecard Bank, die selbst nicht bankrott ist, aber eng mit ihrem Kerngeschäft verbunden ist. Es wurde von der Wirecard AG unter der Schirmherrschaft von BaFin abgeschirmt und stabilisiert. Ob es letztendlich zusammen mit dem Kerngeschäft oder separat verkauft wird, hängt von den Interessen der potenziellen Käufer ab, hieß es in den Kreisen des Unternehmens. Jaffe sagte einfach: „Es gibt mehrere bekannte Interessenten, die indikative Angebote gemacht haben.“ Die Deutsche Bank interessiert sich auch für Teile von Wirecard.
Wirecard musste Ende Juni Insolvenz anmelden, nachdem sich herausstellte, dass 1,9 Milliarden Euro in der Bilanz nicht vorhanden waren. Nach Angaben der Münchner Staatsanwaltschaft haben Führungskräfte von Wirecard im Laufe der Jahre den Saldo der Flugbuchungen in Asien künstlich aufgeblasen und damit Verluste in ihrem Kerngeschäft verschwiegen. Allein Banken und Investoren wurden um mehr als drei Milliarden Euro betrogen. Die Wirtschaftsprüfer von EY, die mehr als zehn Jahre lang das angebliche Aushängeschild der Fintech-Branche in Deutschland geprüft hatten, werfen dem Management um CEO Markus Braun und seinem entspannten Vertrauten Jan Marsalek vor, sie absichtlich getäuscht zu haben.
MASSNAHMEN GEHEN LEER
Vor zwei Jahren hatte das Unternehmen an der Börse einen Wert von fast 25 Milliarden Euro, und am Freitag wurde die Aktie zum letzten Mal im Leitindex Dax gehandelt. Es fiel von über 190 Euro auf 1,32 Euro. Die Aktionäre sehen nichts vom Erlös der Division. Denn allein die Gläubiger verlangen rund vier Milliarden Euro. Insider-Schätzungen zufolge könnte der Verkauf der einzelnen Unternehmensteile zu rund einem Zehntel davon führen. PagSeguro hat den Kaufpreis für Wirecard Brazil nicht kommentiert.
Weitere Verkaufsprozesse laufen. Die UK Wirecard Card Solutions sind im Grunde eine Vereinbarung mit der konkurrierenden Railsbank über den Verkauf der Technologie und des Kundenstamms. Der Rest des Geschäfts muss erledigt werden. Die Zeitung zitierte Railsbank-Chef und Gründer Nigel Verdon mit den Worten, er würde den Ruf seines Unternehmens nutzen, um das im gesamten Zahlungssektor verlorene Vertrauen wiederherzustellen. Für das US-Kreditkartengeschäft, das Wirecard 2016 von der Großbank Citi übernommen hat, sind bald verbindliche Angebote fällig. Insbesondere Finanzinvestoren zeigten Interesse, sagen Insider. Auch in Asien, wo Wirecard offenbar einen großen Teil des Umsatzes mit Partnern erfunden hat, sieht Jaffe Möglichkeiten, einige Tochtergesellschaften zu verkaufen.
Wirecard-Aktien fielen an ihrem letzten Tag im DAX. Die Zeitung verlor im frühen XETRA-Handel vorübergehend 1,6 Prozent auf 1,26 Euro, konnte dann aber auf grünes Gebiet umsteigen und kostete zuletzt auf 1,31 Euro 2,34 Prozent mehr als am Vorabend.
Frankfurt / München (Reuters)
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