Ulrich Tukur spielt eine Doppelrolle in „Monsieur Murots Ferien“

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Bei Kommissar Murot erwarten Sie immer einen Sprung, einen ungeplanten Tanz oder einen Satz, der derzeit in der ARD verboten ist. Die Sonntagnacht wird am Bahnhof hauptsächlich für eine gut aufgebaute, kohärente moralische Predigt genutzt. Was die Kirchen gegen zehn Uhr nach dem Klingeln tun, bietet die „Tatort“ ab 20.15 Uhr in einer etwas grausamen Variante an: Die Werte des Westens werden gefeiert. Die Bösen gehen ins Gefängnis, die Guten bekommen endlich Frieden.

Murot ist moralisch robust, er sieht es nicht als eng mit Gut und Böse verbunden an. Aber als die Kellnerin einen Klumpen Schweinefleisch mitbringt, bringt Murot sie an seine Grenzen – weil der Inspektor abseits der ausgetretenen Pfade lebt. Ja, er mag herzhafte, aber er liebt Verfeinerung. Sein runder Bauch ist barock, aber sein Aussehen ist gut. Aus der Ferne sieht er aus wie ein Franzose, der kultiviert, aber eher verwirrt ist und durch einen alten Nouvelle Vague-Film geht. In Filmen aus Frankreich gab es noch nie ein Schweinefleisch.

Hat die Kellnerin es vermasselt, wartet noch jemand auf das große Mittagessen? Felix Murot, Ermittler in der „Tatort“ von Wiesbaden, aber jetzt im Urlaub im Taunus, sieht sich im Garten vor dem Gasthaus um. Hinter der Zeitung sitzt ein Mann und senkt die Zeitung. Kommissar Murot scheint in einen Spiegel zu schauen: Dies ist sein Doppelgänger! Murot sieht Walter, den Autoverkäufer, gesprächig und bedrohlich, Hunger auf seinem runden, freundlichen Gesicht.

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Trink Bier aus Angst

Ulrich Tukur spielt sie beide, den Ermittler Murot und Walter, deren wunderbarer Proletarismus so kühn und greifbar ist, dass Tukur sich gerne in diese Rolle stürzt. Aber Walter bleibt nur eine Episode. Er spielt vor Aufregung, als er an den Fingerknöcheln riecht. Aber er hat Angst. Vor seiner Frau. „Sie will mich töten!“ Sag Walter. Sie hat kürzlich Pestizide in seinen Kaffee gegeben. „Ich werde erst jetzt essen.“ Und er trinkt Bier. Gegen Angst. Viel Bier. Schließlich sind beide betrunken, Walter und Murot.

Walter taumelt nach Hause, guckt auf einen Baum und wandert über die Landstraße. Es ist Nacht. Da kommt ein Auto, ein alter, gepflegter Daimler – Walter, der Händler, mag solche grundsoliden Marken. Der Daimler rennt, zielt auf Walter, rennt über ihn hinweg. Und wieder richtig. Er ist tot. Wer saß hinter dem Lenkrad? Es ist zu dunkel, um es zu sagen.

Felix Murot, für den jetzt jeder in der Stadt Walter ist, übernimmt diese neue Rolle. Er schlüpft in das Leben seines Doppelgänger und geht nach Hause zu Walters wundervoller Frau Monika (Anne Ratte-Polle), die den Tag mit Pillen und Schreien übersteht, wenn sie Walter sieht. Murot kauert in Walters Büro, Sekretärin Susa (Lena Kalisch), und wacht über den Laden namens Walter’s Top Cars. Sie trägt einen kurzen Rock, Lippenstift und Stiefeletten. „Waren wir nicht vor langer Zeit bei dir?“ Fragt sie mit einem brutalen Grinsen. Murot tritt unbeholfen in Walters Leben ein, um herauszufinden, wer ihn getötet hat.

Doppelgänger-Stücke beruhen oft auf einem einfachen Witz, aber „Die Feiertage von Monsieur Murot“ ist ein großes, subtiles Vergnügen – was auch Anne Ratte-Polle zu verdanken ist, die so existenziell, verwirrt und zärtlich wirken kann, dass Sie Sie kann schnell auf der großen Leinwand Wünsche für diesen Look sehen.

„Tatort: ​​Monsieur Murots Urlaub“: Erfolgreiches Experiment

Die Arbeit begann als Heimatfilm (Regie: Grzegorz Muskala, er hat das Drehbuch gemeinsam mit Ben Braeunlich geschrieben), die geselligen Charaktere tauchen in den 50er Jahren mit Peter Alexander auf. Aber plötzlich wird es ein Krimi, der auch eine Komödie bleiben will. Hier spüren Sie die Hommage an die „Feiertage von Monsieur Hulot“, dieses entzückende Stück aus dem Jahr 1953. Jacques Tati spielte die charmante exzentrische Hauptrolle.

Die Kriminalromane mit Kommissar Murot sind ebenfalls exzentrisch, und nicht jeder folgt gern. Sein neunter Fall ist jedoch fast bürgerlich, der Wille zum Experimentieren bleibt moderat. Und doch ist das Stück so stark, verspielt und nachdenklich, dass es an einem „Tatort“ selten gelingt.

Seppel Taube

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